ein kleines fröhliches November-Stück:
Wieder brach er bei dem Nachbarn ein,
und ich hatte Tür und Fenster offen,
meine Augen waren vollgesoffen
wie zwei Schwämme vom Verlassensein.
Dumm verknäulte sich in meinem Mund
Schluchzen, Bitten und verbohrtes Drohen,
während drüben schon die Hühner flohen
samt der Katze und dem alten Hund.
Doch er kam nicht, nahm sich wieder nur
einen, der noch gerne leben wollte,
und die Monduhr, die verrückte, rollte
meine Stunde rasch aus seiner Spur
Bitter trocknen mir die Augen ein,
bitter rinnt der Schlaftrunk durch die Kehle,
bitter bet´ ich für die arme Seele
und zerkaue mein Verlassensein.
Christine Lavant
1956
Donnerstag, 20. November 2008
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
3 Kommentare:
Hurra, das hebt meine Laune gleich! Was für eine kathartische Wirkung! Und welche Ehre!
Zur November-Depri: Guter Punkt, das mit der Vorbereitung auf den Weihnachtskitsch. Allerdings ist das Blasen von Trübsal im Grauen auch ein wenig banal! Das macht doch jedeR!
Für gewöhnlich bin ich also ganzjahresmelancholisch, besonders zu Weihnachten. Nur im November sekkiere ich meine Humanumgebung mit apokalyptischer Fröhlichkeit. Das zieht wie nur was!
echt schad, dass er bald aus is, der november...
kannst nicht uns zuliebe bissl über weihnachten verlängern?
weil jetzt sind ja eh schon alle finanzmelancholisch, regierungsmelancholisch und wettermelancholisch....
da schwimmst nur mit der all-gemein-heit...
Ja aber das geht doch nicht! Melancholie ist der Motor meiner Kunst!
Wobei, andererseits bin ich ja nicht der Woody Allen. Ich reiche ihm höchstens in Sachen Schaasaugigkeit das Wasser.
Meinetwegen, was soll's! Bin ich halt ganzjährig fröhlich-naturtrüb!
Kommentar veröffentlichen